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Sturmflut 1962 im Protokoll.

Zerstörte Strandmauer
Zerstörte Strandmauer
Sturmflut am Westende
Badestrand tags vor der Flut
Nikolaikirche
Dorfgrodendeich vor der Sturmflut
Häuser am Wattenmeer
Überflutetes Deichvorland
Bruchstelle am Dorfgrodendeich
Bruchstelle am Dorfgrodendeich
›Falke‹ am Bahnhof
Gärtnerei im Dorfgroden
Feuerwehrfahrzeug
Café Neudeich
Café Neudeich
Überflutete Siedlerstraße
Überfluteter Dorfgroden
Zerstörte Strandmauer
Bruchstelle im Reichsdeich
Zerstörte Strandmauer
Zerstörte Strandmauer
Hubschrauber auf der Polizeiwiese
Bergungsfahrt
Vertol H-21 am Dorfgrodendeich
Vertol H-21 auf der Polizeiwiese
Bundeswehr-Soldaten
Noratlas am Strand
Aufräumarbeiten
Pumparbeiten in der Charlottenstraße
Abreise der Soldaten

Auf dieser Seite erfahren Sie anhand eines detaillierten zeitlichen Protokolls, was sich in jener Nacht des 16. auf den 17. Februar 1962 sowie in den Tagen davor und danach auf Wangerooge zutrug.

12. Februar 1962

Nach mehreren heftigen Stürmen im Januar und Februar 1962 hatten die Dünen im Westen bereits stark gelitten. So kommt es, daß sich schon am 12. Februar nach einem Wasserstand von ca. 2 Metern über dem normalen Hochwasser erste große Schäden an der dortigen Strandmauer andeuten, auf einer Länge von 150 Metern ist sie zusammengebrochen, nur noch Trümmer sind dort von ihr übrig geblieben.

15. Februar 1962, 21:00 Uhr

Über Norddeich-Radio wird erstmals eine Sturmwarnung für die Nordsee gesendet, Sturmsignale werden in den Häfen gesetzt.

Brandung an der Strandmauer

16. Februar 1962, 03:00 Uhr

In der Nacht vom 15. auf den 16. Februar tobt erneut ein Orkan über der Nordsee, der das Wasser in der Deutschen Bucht aufstaut und die Lage weiter verschärft.

16. Februar 1962, 12:41 Uhr

Am folgenden Mittag um 12:41 Uhr erhält die Gemeinde Wangerooge eine telegrafische Sturmflutwarnung vom Deutschen Hydrographischen Institut in Hamburg, die für das Nachthochwasser um 2,50 Meter erhöhte Wasserstände vorhersagt.
Umgehend wird eine Alarmbereitschaft organisiert, bei der die Besitzer von Fuhrwerken angewiesen werden, diese bereitzuhalten. Ebenso wird die Feuerwehr benachrichtigt.

16. Februar 1962, 15:45 Uhr

Eine schwere Gewitterfront zieht über ganz Norddeutschland hinweg – ein weiterer Vorbote des Orkantiefs »Vincinette«. Weltuntergangsstimmung auch auf der Insel mit schwarzen Unwetterwolken, Hagelschlag und heftigem Sandsturm. Im Inseldorf bleibt kaum ein Ziegeldach verschont, besonders schwer trifft es das »Central-Hotel«.

16. Februar 1962, 16:12 Uhr

Nachmittags-Niedrigwasser auf Wangerooge, dennoch kann nach lang anhaltenden westlichen Winden ein Wasserstand wie beim Hochwasser an normalen Tagen gemessen werden. Man kann sich langsam aber sicher ausmalen, daß es in dieser Nacht kritisch werden könnte.

16. Februar 1962, 20:17 Uhr

Das Wasser war in den vergangenen Stunden schnell gestiegen; noch bevor um 20:30 Uhr die Deichwachen ihre Posten besetzen sollten, kommen einzelne Wellen bereits über den Deich. Hiermit hatte niemand gerechnet, bis zum Hochwasser um 22:08 Uhr ist noch ca. zwei Stunden Zeit.

16. Februar 1962, 20:20 Uhr

Über Sirenen wird Alarm gegeben, schon kurze Zeit später helfen Feuerwehrmänner und Nachbarn, Hausrat aus gefährdeten Häusern im Dorfgroden zu bergen. Auf dem Deich laufen einzelne Personen, doch ausrichten kann niemand etwas gegen die Gewalt der Fluten. Zoekes Kühe werden vorerst in Sicherheit gebracht, sie werden in Hankens Pferdestall getrieben.

Bruchstelle im Dorfgrodendeich

16. Februar 1962, 20:40 Uhr

Katastrophenalarm! Die Sirenen heulen und immer mehr Leute treffen bei der Laterne vor »Grunemann« ein, um irgendwo mit anzupacken und zu helfen. Der Deichgraben ist derweil bereits bis oben hin mit Meerwasser gefüllt und an einer Stelle, an der ein schmaler, ausgetretener Pfad auf den Deich hinauf führt, wird langsam aber sicher ein Loch ausgewaschen, das sich immer schneller vergrößert.

16. Februar 1962, 20:55 Uhr

Endlich kommen Sandsäcke – doch zu spät, das Loch südlich der Gärtnerei ist bereits so groß geworden, daß ein Deichbruch nicht mehr zu verhindern ist. Der mit Sandsäcken beladene Pferdewagen muß wieder umkehren, sofort verbreitet sich die Meldung im Dorf: »Der Deich bricht!«

16. Februar 1962, 21:30 Uhr

Zum zweiten Mal wird Katastrophenalarm gegeben, immer und immer schneller ergießt sich das Wasser in den Dorfgroden und weiter in den ebenfalls sehr tief gelegenen Ostgroden.

16. Februar 1962, 22:00 Uhr

Otto Idens Boot »Falke« strandet an den Gleisen nahe des Bahnhofs. Es hatte sich zuvor am Westanleger losgerissen und war bis zum Inseldorf getrieben. Später sagte man scherzhaft zu Otto Iden: »Deine Falke ist doch sehr anhänglich, sie ist Dir bis ins Dorf gefolgt.«

Blick vom Leuchtturm Richtung Südosten

16. Februar 1962, 22:10 Uhr

Im Abendprogramm der ARD lief an diesem Abend die überaus beliebte Fernsehserie »Die Familie Hesselbach«, manch einer ist an diesem Freitagabend am Feiern, andere verfolgen den Hörfunk. Helfer gehen von Haus zu Haus, donnern an die Haustüren und klären die verdutzten Personen über die Lage auf. Einige können die Meldung vom Bruch des Dorfgrodendeiches kaum glauben.
Schnell werden die wichtigsten Gegenstände im ersten Stock der Häuser in Sicherheit gebracht, bevor das Wasser kommt, auch Hühner werden gerettet.
Im heutigen »Towerstübchen« werden ein paar Wangerooger von der Flut überrascht. Bis morgens um 04:30 Uhr werden sie auf Schränken knapp unter der Zimmerdecke ausharren müssen, bis das Wasser wieder tief genug gefallen ist.

16. Februar 1962, 22:30 Uhr

Die Freiwillige Feuerwehr muß ihr Löschfahrzeug aufgeben, es hatte sich bei Neudeich festgefahren. Schon nach wenigen Minuten schaut nur noch das Dach des Fahrzeugs aus den Fluten hinaus.
Der starke Südweststurm staut das Wasser im Ostgroden immer weiter auf, das »Café Neudeich« wird überflutet und durch angetriebenen Unrat verwüstet. Mittlerweile schlagen einzelne Wellen von innen nach außen über den Ostgrodendeich. Auch das dortige Deichschart wird durch den Wasserdruck von innen nach außen aufgedrückt.

16. Februar 1962, 23:00 Uhr

Der Sturm läßt ein wenig nach, sofort schwappt das aufgestaute Wasser aus dem Ostgroden in Richtung Westen und erreicht kurze Zeit später das südöstliche Dorf. Das Meerwasser dringt von Osten über die Charlottenstraße und die Friedrich-August-Straße weiter bis in den Rosengarten vor. Siedler- und südliche Rösingstraße sind völlig überflutet. In manchen Häusern steht das Wasser bis zu 1,80 Meter hoch.

Projektion: Überflutetes Gebiet

17. Februar 1962, 00:00 Uhr

Im Inseldorf wird der höchste Wasserstand erreicht, durch den Rückstau fällt er an anderen Stellen allerdings schon seit 23:15 Uhr wieder. Nachträglich wird anhand von Flutmarken ein Wasserstand von 4,20 Metern üner NN gemessen. Bei einer Höhe des Dorfgrodendeichs von 4,66 Metern und einer Wellenhöhe von mindestens einem Meter wird klar, daß der Deich auf seiner kompletten Breite überflutet wurde.

17. Februar 1962, 00:15 Uhr

Da wegen unterbrochener Telefonleitungen niemand weiß, wie die Lage im Westen ist, werden drei Trupps Feuerwehrleute dorthin beordert. Mühsam kämpfen sich die Helfer gegen den Weststurm an. Als sie im Westen ankommen, sehen sie, daß auch der Westgroden voll Wasser steht, doch weitaus beunruhigender sind die verheerenden Schäden an den Westdünen, die zum Teil nicht mehr vorhanden sind. Von der Betonstraße nahe des heutigen Leuchtturms hat man auf einmal freien Blick auf die Brandung, die vom Licht des Vollmondes beschienen wird.

17. Februar 1962, 02:00 Uhr

Männer des Wasser- und Schiffahrtsamtes beginnen noch in der selben Nacht, Pfähle und Bahnschwellen einzuspülen und Sandsäcke aufzuschichten, um die zerstörten Dünen im Westen notdürftig zu sichern. Kurz zuvor war an dieser Stelle noch Seewasser in den Westgroden gelaufen.

Zerstörte Strandmauer

17. Februar 1962, 08:00 Uhr

Der ganze Schaden wird erst offensichtlich, als es wieder hell wird. Im Westen sind die Strandmauern zum Teil komplett zerschlagen und zusammengebrochen. Ganze Dünenzüge wurden weggespült, der Dorfgroden steht unter Wasser und beim Flugplatz sind Häuser von der Strömung schwer beschädigt worden.
Fieberhaft sind Helfer dabei, die größten Schäden an der Strandmauer und an anderen Stellen auszubessern, damit sie für die Mittagsflut einigermaßen gesichert sind. Die Feuerwehr ist außerdem damit beschäftigt, überall stehendes Salzwasser abzupumpen, damit dieses nicht in die für die Trinkwasser-Versorgung wichtige Süßwasserlinse eindringen und diese verderben kann. Eindringlich wird die Inselbevökerung dazu aufgerufen, mit dem Wasser äußerst sparsam zu sein.

17. Februar 1962, 15:00 Uhr

Mit Hubschraubern der Bundeswehr werden die ersten dringend benötigten Dinge eingeflogen, auch erste Sandsäcke werden über dem Strand abgeworfen.

17. Februar 1962, 23:30 Uhr

Die abendlichen Verhandlungen über den Einsatz von Bundeswehr-Soldaten zur Unterstützung der Hilfskräfte auf der Insel werden erfolgreich beendet, bereits am nächsten Tag sollen sie auf der Insel eintreffen.

Überfluteter Dorfgroden

18. Februar 1962

Die Insel wird zum Notstandsgebiet erklärt. Morgens um 08:15 Uhr sind etwa 350 Soldaten im Anflug auf Wangerooge, schon zehn Minuten später kreisen »Bananenhubschrauber« über der Insel und setzen kurz darauf die Soldaten ab. Auf dem Rückweg werden mit diesen Hubschraubern Kurkinder des »Bremer Heims« mit ans Festland genommen, da der dortige Heizungskeller voll Wasser gelaufen ist und das Heim nicht mehr beheizt werden kann.

19. Februar 1962

Mit dem Schiff treffen die angeforderten Hilfsmaterialien – weitere Sandsäcke, Bindfäden, Pumpen etc. – auf Wangerooge ein. Die Post beginnt damit, die zerstörten Telefonleitungen wiederherzustellen.

20. Februar 1962

Regierungspräsident Dannemann, Staatssekretär Deetjen, Oberkreisdirektor Oltmanns, Admiral Rösing und weitere Personen weilen auf der Insel, um einen Überblick über die entstandenen Schäden zu erhalten. Es wird schnelle Hilfe versprochen: Umfangreiche Sofortmaßnahmen seien notwendig, so Deetjen, um einen Durchbruch der Insel zu verhindern. Als eine der wichtigsten Arbeiten hob der Staatssekretär die Reparatur und Erhöhung der Buhne »H« hervor.

Noratlas am Strand

24. Februar 1962

Mittlerweile haben Pioniere aus Braunschweig die seit Tagen fast ununterbrochen arbeitenden Soldaten aus Munsterlager abgelöst.
Erstmaliger Einsatz der gesamten männlichen Bevölkerung Wangerooges. Alle sollen anpacken, um eine Verunreinigung der Trinkwasserbrunnen durch Kanal- und Seewasser zu verhindern, außerdem droht der Ausbruch von Seuchen auf der Insel. Auch das Technische Hilfswerk trifft auf Wangerooge ein und beteiligt sich mit weiteren Pumpen an der Hilfsaktion.
Weiterhin wird eindringlich zur Wassersparsamkeit angehalten, für Reinigungszwecke wird ein Tankwagen mit Wasser bereitgestellt.

28. Februar 1962

Die gröbsten Schäden sind beseitigt, daher kann auch die Notstandsverpflichtung aller Wangerooger zum Arbeitseinsatz aufgehoben werden. Auch die Einschränkungen bei der Wasserversorgung können weiter gelockert werden, da der Chloridgehalt des Wassers in den Brunnen langsam zurück geht.

06. März 1962

Der Einsatz der Panzerpionierkompanie der Bundeswehr aus Braunschweig ist beendet, die Soldaten werden mit herzlichen Dankesworten im »Haus des Kurgastes« verabschiedet. Über viele Tage haben die Soldaten an der provisorischen Schließung der Lücke im Deich gearbeitet, auch behoben sie Schäden an der Strandmauer im Westen oder leisteten wertvolle Hilfe bei der Wiederherstellung der Stromversorgung.

Weitere Fotos von der Sturmflut 1962 auf Wangerooge

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[Historische Fotos: Sturmflut 1962]